Analogie und Synthetik - Howard Jones begeistert beim Konzert in Berlin
- djjolly

- vor 12 Minuten
- 3 Min. Lesezeit

Die New-Wave und -Synthiepop-Helden der 80er Jahre sind oft längst dazu übergegangen, die sterilen 80er Synthie-Sounds live in analogen, akustischen Versionen mit Begleitband zu performen. Siehe Depeche Mode. Siehe Anne Clark. Ob dies tatsächlich im Sinne der langjährigen Fans der Protagonisten ist, sei dahingestellt und liegt im Auge des Betrachters – hier schneiden sich die Geister.
Auch Synthiepop-Legende Howard Jones bildet hierbei keine Ausnahme. Noch in den 80ern lebte „HoJo“ von meterhohen Synthie- und Keyboard-Aufbauten auf der Bühne, hinter denen er sich verschanzte. Die Live-Performance überließ er dem pantomimen Kettenmensch Jed Holie.

Damals beglückten uns unsere Helden noch in aller Regelmäßigkeit mit einer neuen Platte samt einer neuen Tournee – pro Jahr ! Doch wie heißt es so schön: In der ersten Hälfte unseres Lebens schreiben wir unsere Lebensgeschichte. In der zweiten Hälfte kommentieren wir diese.
Longplayer von Anne Clark, Depeche Mode oder Howard Jones sind rar geworden. Heute bieten Jubiläen von Alben das Alibi einer Tour – seltener eine neue Platte. Im Falle von Howard Jones feierte der Brite das 40jährige Jubiläum seines bahnbrechenden Albums „Dream into Action“ von 1985. Bahnbrechend eher deshalb, weil ihm damit nun auch nach „Human’s Lib“ der große Durchbruch in den USA gelang und er ein Teil des legendären „Live Aid“ Konzertes wurde.
Gemäß dem Tour-Motto erwartete man an jenem 25.Oktober 2025 stimmig dazu in der Berliner Columbia-Halle in der Setlist freilich auch die Live-Performance zur kompletten Platte „Dream into Action“. Doch den Weg in die Seltlist fand gerade mal die A-Seite samt den vier Singles des Albums – die B-Seite wurde komplett ausgespart.

Dies war jedoch nicht weiter tragisch, denn die Zeit konnte genutzt werden, um u.a. ebenso die vier Hitsingles aus „Human’s Lib“ zum Besten zu geben.
Dabei war Howard Jones nie wirklich so richtig weg. Insgesamt 15 Studienalben pflastern den musikalischen Weg der Syntielegende – die letzte Chart-Platzierung datiert allerdings aus dem Jahr 1985 mit dem Album „Dream into Action“. Zumindest in Deutschland.
Daher ist es nicht erstaunlich, dass 14 der 16 Songs aus der 80erÄra an diesem tristen Berliner Regenabend beim Konzert im Columbia-Theater stammten.

Mit „Pearl in the Shell“, „New Song“ und „Like to get to know you well“ warf Jones gleich zu Beginn drei Joker in den Ring und brachte somit die Stimmung im Saal sofort zum Kochen ! Doch auch hier stellt sich die Frage, ob „Pearl in the Shell“ gegen Ende nun wirklich durch ein Gitarrensolo ergänzt werden muss. Wohl quält sich der 70jährige in die Höhen des Songs aber – hey – er meistert sie noch und sendet somit liebe Grüße an Marian Gold (Alphaville), Fisch (Marillion) und Konsorten, denen dieses Glück heute nicht mehr vergönnt sei.

Howard Jones begeistert zudem noch immer über Dynamik und Spritzigkeit auf der Bühne, tritt immer wieder mit den Fans in Interaktion und es scheint, als sei dies noch lange nicht der Ausklang seiner Karriere im überraschend gut gefüllten Columbia-Theater.
Trotz viel Akustik und wenig Synthiesongs („Life in One Day“ z.B. nur mit Piano, Bass und Akustik-Glampfe) überraschte Howard Jones dann ausgerechnet bei „Hide and Seek“. Nach dem Klavier-Intro erwartete man eigentlich die Piano-Version der wohl schönsten Synthie-Ballade der Musikgeschichte, wie schon 1985 bei „Live Aid“. Doch dann setzten die Synthie-Streicher ein, Jones erhob sich zum Mikro und – anders als bei vergangenen Konzerten – wurde „Hide and Seek“ dieses Mal tatsächlich mit den warmen Synthies untermalt und kam der Originalversion aus „Human’s Lib“ gleich.
Zum Ende gab es nach 80 Minuten „What is Love“ in einer ausladenden Version und mit kräftiger Unterstützung aus rund 700 Berliner Kehlen und als Zugabe „Things can only get better“.
Ein kurzweiliges Konzert, welches den Berlinern unterm Strich viel Freude bereitete und Hoffnungen schürte, dass dies nicht das letzte gewesen sei ! Setlist:
Pearl in the Shell
New Song
Like to get to know you well
The Prisoner
The One to love you
Assault and Battery
Eagle will fly again
Everlasting Love
Look Mama
Life in One Day
No One is to Blame
Hide and Seek
Bounce Right Back
You know I love you, don’t you ?
What is Love ?
Things can only get Better (Zugabe)
Bericht : Jolly von Hayde Fotos: Enzo Hobbes








Kommentare