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Das Ich : "(Ziemlich)" Beste Freunde in Berlin !

Aktualisiert: 4. Jan. 2019


Ende der 80er Jahre formierten sich im Underground einige Bands, deren Tragweite ihres Schaffens und Wirkens damals noch keiner absehen konnte. Sie nannten sich "Goethes Erben", "Relatives Menschsein", "Endraum" oder "Electric Avatgarde" (später "Umbra et Imago"). Keine andere deutsche Stadt schien mehr prädestiniert hierfür zu sein als die "urdeutsche Hölle auf Erden" ("Die Zeit"), in welcher man sich zusammensitzt und sich fragt, wie man es "jemals woanders hat aushalten können" (Friedrich Nietzsche) - Bayreuth. In jener Stadt, in welcher Richard Wagners apokalyptischer Schwermut nicht nur in Adolf Hitler einen tiefen Bewunderer fand.


Im Epizentrum dieser "urdeutschen" Hölle versammelten sich die Urväter der "Neuen Deutschen Todeskunst" auf dem nahegelegenen Schloß Cottenau, in welchem ein gewisser Bruno Kramm sein Tonstudio "Danse Macabre" eingerichtet hatte. Im Kreise der Todeskünstler fühlte sich Mastermind Kramm mit seiner frisch gegründeten Formation "Das Ich" pudelwohl. Dreißig Jahre später hießen die Verdienste von Bruno Kramm für die schwarze Szene alle aufzuzählen und zu würdigen, Eulen nach Athen zu tragen - Szenenikone, Workaholic, Lichtgestalt und Szenenguru.



Zusammen mit Bruno Ackermann (Gesang) begannen "Das Ich" ihre Erfolgsgeschichte, in welcher Triumphe und Schicksale folgen sollte und auf welche das inzwischen um Keyboarder Sven Hegewald angewachsene Trio am 23.11.18 bei ihrem Clubkonzert in Berlin zurückschaute. Irgendwo zwischen den Konzerten in Spanien oder Südamerika (wo "Das Ich" mittlerweile große Erfolge feiern kann), stand das kleine Clubkonzert im ehemaligen Berliner Kultclub "K 17" auf dem Programm, welches sich heute "Nuke Club" nennt und an jenem Abend fast ausverkauft war.


Kein Wunder, denn schließlich gastierten "Das Ich" nach rund zehn Jahren zum ersten Mal wieder in der Bundeshauptstadt. Der letzte Longplayer der Band ("Cabaret") liegt sogar noch länger zurück und so waren die Fans natürlich auch auf neues Material eines angekündigten neuen Albums sehr gespannt.


Den Abend eröffneten mit "System Noire" eine neue Band aus Kramms Talentschmiede. Dessen Handschrift war in den elektronischen Beats der Hannoveraner deutlich zu erkennen. Björn Miethe und Daniel Gosewisch heizten die Stimmung im Nuke Club ordentlich auf und präsentierten Songs aus ihrem Debutalbum "Do not pass that door". Viel umjubelt wurde der darauffolgende Auftritt von "Wisborg" (Foto rechts) , auf die Bruno Kramm "besonders stolz ist", sie unter Vertrag zu haben, wie er uns nach dem Konzert verriet.

Erst im letzten Jahr gegründet, gelang "Wisborg" mit "Becoming Calligari" aus dem Debutalbum "The Tragedy of Second Gone" bereits ein erster kleiner Clubhit und sorgt auf den Tanzflächen irgendwo zwischen "She past away" und "Lebanon Hanover" nicht nur für beste Stimmung, sondern auch in der diesjährigen "Orkus"-Ausgabe für den Titel "Newcomer des Monats".


Kurz nach 21 Uhr dann kam die Zeit für den Hauptact des Abends. Für die sonst aufwändigen und späktakulären Aufbauten der schwenkbaren Synthesizer reichte die kleine Bühne des Nuke Clubs nicht aus, so dass Kramm und Hegewald kurzerhand auf zwei Keyboards auf Rollen über die Bühne bretterten. Unter viel Jubel startete das Trio mit "Die Propheten" gleich zu Beginn mit dem Titelstück des Kultalbums, welches in keiner CD-Sammlung eines Gothics fehlen darf und setzte gleich danach mit "Kain und Abel" noch einen obendrauf.


Kramm und Ackermann suchten permanent die Nähe zum Publikum vor der Bühne, schnitten Grimassen und animierten zum Mitklatschen und Mitsingen.

Die Band ließ sich von der Stimmung im Saal mitreißen und präsentierte sich in bester Partylaune, hatte außerordentlich viel Freude auf der Bühne und kommentiete zwischen den songs humorvoll ihre Performance und Geschichte.


Zu den erwähnten Schicksalen gehörte Stefan Ackermanns schwere Erkrankung und Nahtodserfahrung vor einigen Jahren, kurz nach Veröffentlichung des bisher letzten Tonträgers "Kannibale". Vermeintlich bestens kuriert merkte man dem charismatischen Sänger an jenem Novemberabend jedoch nichts mehr an, wenngleich er auch heute noch unter den Spätwirkungen der Krankheit und des Komas leidet. Auf der Bühne war Stefan Ackermann ganz der Alte, schnitt Fratzen, fauchte und zeigte sich topfit.

Bezug darauf nehmend fand Bruno Kramm emotionale Worte auf der Bühne und sagte : "Es war ein sehr harter und steiniger Weg bis er wieder auf den Beinen war, aber ich war mir sicher : Er wird es schaffen."


"Das Ich" nahm ihre Fans mit auf ihre 30-jährige Zeitreise ins "Dunkle Land", den "Garten Eden" oder zum "Kindgott". Stefan Ackermann huldigte seine Geburtsstadt Berlin und Bruno Kramm den kultigen "Nuke Club" - das kam natürlich bestens bei den Bundeshauptstädtern an. "Das schönste an unserer gemeinsamen Geschichte ist nicht, dass wir hier gespielt haben und dort gespielt haben, sondern dass zwei beste Freunde nun schon seit dreißig Jahren zusammen unterwegs sind"- so die Hommage von Bruno Kramm an Stefan Ackermann.

Unermüdlich fegten beide über die Bühne, während Keyboarder Sven sich auf den perfekten sound an den Tasten konzentrierte, dazwischen bei diesem Treiben aber auch mitmischte.



Die neuen, noch unveröffentlichten songs, hoben die großen Erwartungen und die Vorfreude an ein neues Album, allen voran "Lazarus" welches von den Berlinern gefeiert wurde, als handle es sich um einen alten Clubhit. Reiner Zufall übrigens, dass ebenso "Goethes Erben" dieses Jahr einen song mit diesem Titel ins Rennen geschickt haben.

Nach fast zwei Stunden verabschiedete sich das Trio überglücklich um kurz darauf mit den Zugaben "Destillat" und "Gottes Tod" die zwei größten Trümpfe noch auszuspielen. Letzteres wieder in der zeitgenössischeren Remix-Version (Schade eigentlich, nach all den Jahren wäre auch das  Original wieder mal schön gewesen). Fazit : Ein rundum gelungener Konzertabend mit drei tollen Bands, welche ein dankbares und glückliches Publikum auf den Nachhauseweg verabschiedete.


Für "Stuttgart Schwarz" für Euch in Berlin : Axel Kretschmann (hinten) und Jolly von Hayde (vorne) mit "Das Ich".

Bericht : Jolly von Hayde

Wir bedanken uns bei Bruno Kramm für die gute Zusammenarbeit.

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