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  • Autorenbilddjjolly

Konzertbericht : Alphaville (29.03.19, Berlin, Huxley's Neue Welt)

Aktualisiert: 3. Apr. 2019


"Vor 35 Jahren erschien unser erstes Album "Forever Young". 35 Jahre sind eine verdammt lange Zeit und wir dachten : Wir spielen Euch heute Abend dieses Album nochmal komplett mit allen songs durch."

So unspektakulär wie das Konzert von "Alphaville" am 29.03. im "Huxley's Neue Welt" in Berlin begann, so spektakulär ging es nach gut 75 Minuten Spielzeit nach dieser Ansage von Sänger "Marian Gold" und einem fulminanten Opening voller Pathos weiter, gefolgt von den ersten Klängen zu "A Victory of Love", welches visuell von der Victoria der Berliner Siegessäule auf den vier Großvideoleinwänden begleitet wurde.


Die erste Hälfte des Konzerts bestand aus einer Mischung aus neuem Material und song, mit denen das ehemalige Trio ins Mittelmaß abstürzte und nach dem raketenhaften Start von "Forever young" von der Öffentlichkeit und den Medien kaum noch wahrgenommen wurde.

Die aktuelle single "Love will find a way", welche stimmig zur Weihnachtszeit 2018 just erschien, fand gar weder den Weg in die Charts, noch in die setlist der aktuellen "Forever young" Tour. Mit einem jener Mittelklasse-Songs, "Romeos" (aus dem 1989-er Album "The Breathtaking Blue") begrüßten Marian Gold und seine Musikanten dann auch ihr Berliner Publikum, gefolgt von songs wie "Seeds" oder "Dance with me".


Auf den Leinwänden flimmerten Bilder der Karriereanfänge von Marian Gold (übrigens noch das einzig übrig gebliebene Bandmitglied der "Forever Young"-Formation) und nur mit sehr viel Phantasie konnte man noch Gemeinsamkeiten mit dem charismatischen Sänger am Mikro erkennen, gleicht dieser mittlerweile doch eher Bud Spencer als dem Marian Gold von früher. Das Konzert plätscherte vor sich hin, einziger Höhepunkt bildete "I die for you today", jenem song, welcher Alphaville 2010 ein ebenso unerwartetes wie starkes Comebach bescherte und dessen Album "Catching Rays on Giant" seit 1984 wieder eine überraschende Top-10-Platzierung in den Charts einbrachte.

Die Performance mit einer Gast-Sängerin (wer war das eigentlich ?) war dabei zwar gut gemeint, aber eher unnötig, tat dem song jedoch auch keinen großen Abbruch.

Die Band wirkte ungemein frisch und sehr ambitioniert (allen voran Keyboarder Carsten Brocker), der sound im Huxley's erwies sich einmal mehr als exzellent und kristallklar und Marian Gold überzeugte auf der Bühne mit großer Beweglichkeit und Herzblut.

Der Gesang läßt sich im Auge des Betrachters (bzw. Hörers) beurteilen : Den Ansprüchen von 1984 kann der 64-jährige inzwischen freilich nicht mehr folgen. Sämtliche Klassiker wurden in merklich tieferen Tonlagen vorgetragen, insbesondere jene, bei denen sich Hartwig Schierbaum (so der bürgerliche Name von Gold) in schwindelnde Höhen begab (z.B. "Sounds like a melody"). Andererseits : Selbst dann wirkt Gold's Stimme noch frischer und jugendlicher als jene, manch anderer und jüngerer Zeitgenossen. Im Tremolo schmettert Gold treffsicher, anhaltend und ausdrucksstark den Gesang durch die Halle, was großen Respekt verdient.


Das auffallend verhaltene Berliner Publikum wusste dies jedoch wenig zu schätzen. Auffallend laute Konversationen und ein pausenloses Gerenne auf Toiletten und Getränkestände waren nicht nur sehr ärgerlich für diejenigen, die dem Konzert lauschen wollten, sondern schlicht auch respektlos gegenüber der Band !

Dies änderte sich dann jedoch schlagartig mit der eingangs angekündigten Ansage von Marian Gold und der tatsächlichen Performance des kompletten Albums von "Forever young", einschliesslich den Hitsingles "Big in Japan", "Sounds like a Melody" und "Jet Set".

Man hatte das Gefühl, dass in Berlin nun eine zweite Mauer fiel, Begeisterungsstürme gab es natürlich auch bei "Summer in Berlin", der Hommage der Wahlberliner an ihre Stadt. "Es ist schön, wieder zu Hause zu sein !", dankte Marian Gold den Berliner Fans.

Kenner hatten längst bemerkt, dass ein song der ansonsten akurat vorgetragenen Tracklist des Albums fehlte und auch Marian Gold frotzelte : "Huch, Moment, ich glaube wir haben einen song vergessen..."


Schon beim ersten Ton vom darauffolgenden "Forever young", der dritten single aus dem gleichnamigen Kultalbum, übertönte der Jubel der Menge fast das Songintro. Im Huxley's fühlte man die kollektive Gänsehaut, gepaart mit Melancholie und Erinnerungen an so manche Schülerdisco, in welcher sich die Ü40- Fraktion damals in den Armen lag und lauthals mitsang - "Forever young, I want to be forever young"...


Nein, dieser Wunsch erfüllte sich nicht. Doch für jene Minuten gab es uns zumindest das Gefühl davon. Ein besseres Konzertende hätte es gar nicht geben können. Nach der Bandvorstellung verabschiedete sich ein überglücklicher Marian Gold, bevor noch die Zugaben "Apollo" und "Red Rose" folgten. Depeche-Mode-Fans haben die Hoffnung längst begraben, dass ihre Helden jemals nochmal ihre Kultalben wie "Some great Reward" oder "Construction Time Again" live zum Besten geben.


Bis zuletzt hatten Fans von "Talk Talk" gehofft, dass sich diese Band nochmal einen Ruck gibt und bestenfalls ihr Album "It's my Life" ggf. live präsentiert, ehe der ebenso frühe wie unerwartete Tod von Sänger Mark Hollis auch diese Hoffnung beendete.

Umso mehr sollte man zu schätzen wissen, was "Alphaville" auf dieser Tour und an jenem Abend uns wirklich geschenkt haben !

Danke, Alphaville.

Danke, Marian Gold !


Bericht : Jolly von Hayde






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